... stark für Menschen

Die Gebärde für „Traktor“ vergessen sie nie mehr

Wieder angekommen auf der Jugendfarm Schwarzach: Ganz besonders begeisterte die kleinen Besucher aus Heidelberg und Umgebung die Fahrt auf dem Traktor-Hänger gemeinsam mit dem stellvertretenden Jugendfarmleiter Henning Ader.

Schwarzach/Neckargemünd. „Bauernhof“ lautete das Thema eines Schulkindergartenprojektes des Hör-Sprachzentrums Heidelberg/Neckargemünd, zu dem dessen Kinder und Fachlehrende die Jugendfarm Schwarzach der Johannes-Diakonie besuchten. Dass das Wort „offen“ nicht nur zum Fachbegriff dieser offenen Einrichtung der Kinder- und Jugendarbeit gehört, sondern in Schwarzach selbstverständlich und praktisch verstanden wird, zeigte sich schnell: Vorbehaltslos gingen nicht nur junge Menschen aufeinander zu, sondern ebenso Mensch und Tier. Und wenn im letzten Fall mal nicht, dann war auch das richtig wie wichtig.

Auf einer Koppel der Jugendfarm geht ein Mädchen auf zwei beieinander stehenden Pferden zu. Das eine bleibt stehen, brummelt und wiehert, das andere wendet sich ab. Das Mädchen dreht sich ersterem Pferd zu und streichelt es. „Tiere sind offen und ehrlich“, erklärte Denise Kuci anhand dieser Beobachtung. Die angehende Erzieherin ergänzte, dass dies entscheidend sei für gelingende Kommunikation, und das ganz besonders für Kinder mit einer Hörbehinderung oder Sprachbehinderung. Wird ein Kind von anderen Menschen nicht verstanden, bricht die Unterhaltung schnell ab. Daraus können Frust und Lernverweigerung folgen. Deshalb ist es für diese Mädchen und Jungen besonders vordringlich, Offenheit für Kommunikation zu erfahren, und ebenso Eindeutigkeit in der Verständigung. Das eine Pferd hatte das Mädchen willkommen geheißen, das andere unmissverständlich gesagt: Ich will nicht! Beide Erfahrungen sind gleich wichtig.

Genauso leicht klappte auch das Miteinander der kleinen Besucher mit anderen Kindern, die das erlebnis-, natur- und tierpädagogische Angebot der Jugendfarm nutzen. Das sind Mädchen und Jungen mit und ohne Behinderungen, die es gewohnt sind, vorbehaltlos aufeinander zuzugehen. Eine Sprachbehinderung sei hier keine Barriere, um miteinander zu spielen oder beispielsweise gemeinsam die Ziegen zu füttern, berichtete Henning Ader, stellvertretender Jugendfarmleiter.

Zwei Monate lang hatten die Kinder aus Heidelberg und der Region mit ihren Fachlehrkräften wöchentlich die Schwarzacher Einrichtung besucht. Die Jugendfarm sei ein idealer Ort, um sich dem Projektthema „Bauernhof“ ganzheitlich und praktisch zu widmen, gab Miriam Rockert ihre Erfahrungen wieder. Hier könnten die Kinder im gemeinsamen Tun ihre sozialen Kompetenzen stärken und neue Erfahrungen machen, fügte die Gruppenleiterin des Schulkindergartens hinzu. Fragen wie „Was ist der Unterschied zwischen Heu und Stroh?“ und: „Wie unterscheiden sich Pferd und Esel?“ wurden an diesem Ort lebendig und greifbar beantwortet.

Dabei konnten die Kinder ihren Gebärden-Wortschatz erweitern, zeigte sich Rockert zudem erfreut. Auch Denise Kuci bemerkte: „Da bleibt einiges hängen.“ Denn wenn der Boden beim Vorbeifahren vibriert und die Reifen doppelt so hoch sind wie man selbst, dann vergesse ein gehörloses Kind die Gebärde für „Traktor“ nie mehr. „Die Jugendfarm ist ein mit Herzblut geschaffenes Projekt“, zog Rockert ihr Fazit. Auch deshalb bot es sich für sie an, das Elternfest des Schulkindergartens hierher zu verlegen, an dessen Ende die Mütter und Väter eine Geldspende für die Jugendfarm überreichten.

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