... stark für Menschen

"Ein schlichter Schritt zur Normalität"

Mosbach. „Ich wart’ seit Wochen auf diesen Tag“ singen die Mitglieder der „Band of Mountain School“. Und die Gäste klatschen begeistert mit. Mit der Zeile aus dem Lied „Tage wie diese“ von den Toten Hosen sprechen die Musiker der Johannesbergschule anlässlich des symbolischen Spatenstichs zum Bau des neuen Wohnheims für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im zentralen Mosbacher Stadtgebiet „Bleiche“ vielen aus dem Herzen. Denn in der Tat geht mit dem Beginn der Arbeiten an dem Gebäude, in dem 24 Wohnheimplätze und vier Plätze in Appartements sowie Büroräume der Offenen Hilfen und ein Freizeit- und Begegnungstreff entstehen werden, eine lange Zeit der Konzeption und Planung zu Ende. „Heute ist in gewisser Weise ein historischer Tag“, formuliert es gar Jörg Huber, pädagogischer Vorstand der Johannes-Diakonie Mosbach, bei seiner Begrüßung der vielen Gäste, darunter auch zahlreiche Mitglieder des Gemeinderats.

Pfarrerin Birgit Lallathin stellt ein weiteres Musikstück der „Band of Mountain School“ an den Beginn ihres geistlichen Worts: „Komm, bau ein Haus“. „Hier entsteht ein Haus, das mehr bedeutet als vier Wände – ein Haus, das zur Heimat werden soll, das die Gemeinschaft derer, die hier wohnen, fördern soll.“ Und Pfarrerin Ruth Lauer von der Christusgemeinde schließt ihren Segenswunsch an für das Haus, „in dem gemeinsames Leben möglich sein soll“.

Jene, die im neuen Gebäude wohnen werden, sind viele Bewohner aus dem Haus Elz. Das „Gründerhaus“ der Johannes-Diakonie Mosbach ist in die Jahre gekommen, entspricht in vielen Bereichen nicht mehr den heutigen Ansprüchen. Anders der Neubau: Vier Wohneinheiten entstehen auf zwei Stockwerken, dazu die vier Appartements. Je Wohneinheit sind sechs Einzelzimmer, vier für Rollstuhlfahrer, vorgesehen. Für jeweils zwei Einzelzimmer steht ein Sanitärbereich zur Verfügung, jede Wohneinheit verfügt über die üblichen Gemeinschafts- und Funktionsräume. Und im Haus sind selbstverständlich Fernseh- und Internetanschlüsse vorhanden, wie Jörg Huber nach Fragen künftiger Bewohner versichert.

Von zentraler Bedeutung ist der Standort des Hauses: „Hier entsteht ein Haus nicht mehr am Stadtrand, sondern mittendrin in Mosbach“, sagt Birgit Lallathin. Genau diesen Aspekt, dass die künftigen Bewohnerin im Gebäude mit der Adresse Bertl-Bormann-Straße 4 gemeindenah und außerhalb des Komplexstandortes wohnen werden, greifen gleich mehrere Redner auf. So auch Landrat Dr. Achim Brötel, nach eigenem Bekunden ein „leidenschaftlicher Spatenstecher“. „Je leichter die Möglichkeit zu ganz alltäglichen Begegnungen von Gleichaltrigen mit und ohne Behinderung gegeben ist, umso eher kann man auch einer sozialen Ausgrenzung vorbeugen.“ Frühzeitige Integration und aktive Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sei nichts anderes als ein schlichter Schritt zur Normalität. „Ich hoffe, wir können eines schönen Tages den Begriff der Inklusion durch Normalität ersetzen.“

Dass das Thema Inklusion in der Stadt Mosbach ernst genommen wird, macht Oberbürgermeister Michael Jann deutlich. Er grüßt die Gäste dabei auch als Mitglied des Verwaltungsrats der Johannes-Diakonie Mosbach. Sein Dank gilt den für den Bau Verantwortlichen, da man auf einen Baubeginn vor dem diesjährigen Frühlingsfest verzichtet habe. „Da haben Sie Pluspunkte in der Bevölkerung gesammelt.“ Weiter dankt er dem Neckar-Odenwald-Kreis, dem Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) sowie dem Land für die Unterstützung des Projekts. Schließlich fördern KVJS und Land den Bau mit insgesamt rund einer Million Euro.

Die Hilfe von allen Seiten stellt auch Dr. Hanns-Lothar Förschler heraus: „Wir merken, dass wir von allen Seiten unterstützt werden.“ Architekt Gerhard Loew begrüßt den städtebaulichen Wandel entlang der Bertl-Bohrmann-Straße und ist sich sicher, dass die künftigen Bewohner beste Bedingungen bekommen, sich in die Nachbarschaft einzufügen. „Hier entsteht schließlich auch ein Kommunikationsort“. Er wünscht ebenso wie Pfarrer Victor von Hoff von der Mosbacher Stiftsgemeinde allen Beteiligten „gutes Gelingen“.

Am Ende stehen sie unweit der Elz an der „Bleiche“ nebeneinander, mit dem Spaten in der Hand und einem Helm auf dem Kopf: künftige Bewohner des Hauses, Oberbürgermeister, Landrat, Mitglieder des Verwaltungsrats der Johannes-Diakonie, Pfarrerin, Architekt und die zuständigen Bereichsleiter. Gemeinsam wird mit dem ersten kleinen Erdaushub der Startschuss gegeben für ein Projekt, auf das viele seit Wochen und Monaten gewartet haben. Ein „historischer Tag“, ein Tag wie dieser.

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