... stark für Menschen

Ein Sprachcomputer, der mit den Augen gesteuert wird

Wie eine neue Sprache lernen: Armin Bachner und Katharina Fraede trainieren die Augensteuerung des Sprachausgabegeräts. Foto: Andreas Lang

Schwarzach. Erst seit kurzem kann Armin Bachner sich selbst vorstellen: „Ich bin 55 Jahre alt. Ich wohne auf dem Schwarzacher Hof, und meine Lieblingsmusik sind Schlager – vor allem Helene Fischer.“ Das Besondere: Das Sprechen übernimmt ein Sprachcomputer, den Armin Bachner mit seinen Augen steuert. Die Beratungsstelle „Unterstützte Kommunikation für Erwachsene“ der Johannes-Diakonie im Neckar-Odenwald-Kreis unterstützten Armin Bachner bei der Beantragung dieses Gerätes bei seiner Krankenkasse. Zeitgleich konnte die Beratungsstelle dank einer erfolgreichen Spendenaktion eine Kommunikationshilfe mit Augensteuerung erwerben.

Katharina Fraede leitet die Beratungsstelle, die ihren Sitz in Schwarzach hat und rund 70 Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen im Neckar-Odenwald-Kreis begleitet. Und diese müssen nicht unbedingt Klientinnen und Klienten der Johannes-Diakonie sein. „Unser Angebot steht allen Menschen im Landkreis zur Verfügung“, macht Fraede deutlich. Die Leiterin der Beratungsstellte ist begeistert von den neuen Möglichkeiten, welche die Augensteuerung für ihre Arbeit eröffnet. Sie berät Klientinnen und Klienten, die sich nur unzureichend lautsprachlich mitteilen können oder Probleme haben, ihr Umfeld zu verstehen. Das Sprachausgabegerät „Tobii I13“ der Firma Tobii Dynavox ermöglicht es diesen Personen, mit der Umwelt in Kontakt zu treten, indem sie mit den Augen bestimmte Wörter und Symbole ansteuern. „Oft spüre ich an Gestik und Mimik bei vielen schwer-mehrfachbehinderten Menschen den Drang, sich mitzuteilen“, berichtet Katharina Fraede. „Aber nicht alle können etwa ihre Finger nutzen, um ein Sprachausgabegerät zu steuern.“

Zum Beispiel kann eine Tetraplegie, also eine komplette Lähmung aller Extremitäten, diese Alternative unmöglich machen. In solchen Fällen können auch Angehörige und andere Bezugspersonen die Äußerungen der betroffenen Personen nur schwer deuten. Entsprechend groß war die Freude, als in der Beratungsstelle das Gerät zur Augensteuerung eintraf, welches nun in den einzelnen Beratungen eingesetzt werden kann und somit unabhängig von Hilfsmittelfirmen bei Klientinnen und Klienten getestet werden kann.

Der „Tobii I13“ hat einen Bildschirm mit einer gewöhnlichen Computeroberfläche. Doch das Kommunikationsgerät hat eine Besonderheit: Eine Sensorik erfasst per Infrarot den Punkt auf dem Bildschirm, den die Augen des Nutzers fixieren. So kann dieser einen Cursor steuern und auf Bild- oder Wortsymbole lenken, die wiederum per Sprachausgabe in Lautsprache übertragen werden. Mit etwas Übung und mit Hilfe des Geräts lernen Menschen, sich mitzuteilen, die es bisher aus den unterschiedlichsten Gründen nicht konnten oder aufgrund einer degenerativen Erkrankung nicht mehr können.

Das führt manchmal zu überraschenden Erkenntnissen. Eine von Fraedes Klientinnen ist Ayse Sökel. Die selbstbewusste Frau ist vielseitig interessiert, versteht Türkisch und Deutsch, kann sich aber wegen einer Behinderung nicht selbst lautsprachlich äußern. Erst mit Hilfe der Unterstützten Kommunikation konnte sie mitteilen, dass sie ihren zweiten Vornamen lieber mag: „Ich möchte Hylia genannt werden.“ Bis solche Äußerungen möglich sind, muss jedoch viel Arbeit geleistet, muss lange geübt werden, weiß Katharina Fraede: „Es ist wie eine neue Sprache zu lernen.“ Wer selbst versucht, den Cursor mit den Augen zielgerichtet zu bewegen, merkt rasch, wie anstrengend es ist. Mehrere Stunden verbringt Fraede mit ihren Klientinnen und Klienten, bis diese die ersten Wörter sprechen können. Doch wenn es klappt, ist die Freude groß. Und es wird spürbar: Die technischen Fortschritte in der Unterstützten Kommunikation ermöglichen es auch Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen wie Armin Bachner oder Hylia Sökel, ihre Wünsche und Bedürfnisse zu äußern, sich mitzuteilen und auf diese Weise Teilhabe zu erfahren.

Kontakt:
Beratungsstelle „Unterstützte Kommunikation für Erwachsene“
Telefon: 06262 22-1843
E-Mail: buk-e@johannes-diakonie.de

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