Meckesheim. Fliegen fasziniert ihn. Und so fährt Julian Zapf oft mit seinem Vater los, um die schwebenden Paraglider über dem Neckartal zu beobachten. Dann ist alles gut. Doch im Alltag bekam der 31-Jährige aufgrund einer kognitiven Beeinträchtigung immer wieder Probleme. Vor allem auf neue, ungewohnte Situationen reagierte er mit Gegenwehr. Spätestens nach der Schule geriet der Alltag aus den Fugen. Eltern und Schwester stießen bei der Betreuung an Grenzen. In der Tagesstätte der Johannes-Diakonie in Meckesheim fanden Julian Zapf und seine Familie die passende Unterstützung.
Das Angebot der Johannes-Diakonie ist ganz auf die Bedürfnisse von Menschen mit sogenannten „herausfordernden Verhaltensweisen“ ausgerichtet. „Viele unserer Klientinnen und Klienten können ihre Gefühle und Impulse nicht kontrollieren“, erklärt Einrichtungsleiter Daniel Hammer. „Manche werden dann zum Beispiel sehr laut, andere zeigen aggressives Verhalten.“ Ein besonderer Schwerpunkt der Tagesstätte liegt auf Angeboten für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen.
Insgesamt 24 Plätze halten Hammer und sein Team in der Meckesheimer Tagesstätte bereit. Von den Nutzerinnen und Nutzern wohnen viele in der benachbarten Wohnstätte der Johannes-Diakonie. Doch es gibt auch Plätze für Externe, von denen die meisten bei ihren Familien leben. „Häufig kommen diese Klientinnen und Klienten als junge Erwachsene zu uns“, berichtet Hammer. Wenn die Schule für sie endet und mit ihr Struktur und Assistenzleistungen wegfallen, gestaltet sich der Alltag für Menschen mit herausforderndem Verhalten oft schwierig. In Werkstätten und anderen Einrichtungen ecken sie häufig an, geraten in Konflikte, können dort nicht auf Dauer bleiben.
Daniel Hammer und sein Team haben sich dagegen ganz auf die Bedürfnisse von Menschen mit herausforderndem Verhalten eingestellt. „Wir nehmen die Menschen hier mit ihrem Verhalten so an, wie sie sind“, sagt der Einrichtungsleiter. Methoden der Unterstützten Kommunikation lassen sie besser zu Wort kommen. Über den Tag hinweg verteilte Strukturen und feste Abläufe seien ebenfalls wichtig, weil sie Halt geben, so Hammer. Aber auch individuelle Angebote, die zu Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnisse der jeweiligen Klientinnen oder Klienten passen. Holzarbeiten, Hauswirtschaft oder gemeinsam Musik machen – die Palette der Angebote ist entsprechend breit. Ein eigenes Fahrzeug erlaubt Ausflüge in die Umgebung.
Julian Zapf kann dem Programm der Tagesstätte viel abgewinnen. „Am liebsten arbeite ich mit Holz“, erzählt er. Kochen begeistert ihn. Oder er kümmert sich um die Tomatenpflanzen, die seine Gruppe gerade heranzieht. Nach zwei Jahren in der Tagesstätte war er bereit zu einem weiteren Schritt: Seit wenigen Wochen lebt er im Wohnhaus der Johannes-Diakonie. So hat der junge Mann dank der Meckesheimer Tagesstätte nicht nur einen stabilen Alltag, sondern auch eine neue Heimat gefunden.