Walldürn. Ob zu Hause in der Küche oder im Betrieb an der Maschine: Hazar Yilmaz hat stets den Überblick – und ein freundliches Lächeln übrig. Dass sein Chef, Holger Farrenkopf, in dem jungen Mann so eine wichtige Kraft bekommen würde, war nicht von Anfang an klar. „Erst war er sehr still und konnte sich nicht lange konzentrieren“, erinnert sich der Geschäftsführer von Schmidt Technoplast, einem Unternehmen mit knapp 50 Mitarbeitenden und Sitz in Walldürn. Inzwischen wurde Yilmaz fest in den Betrieb übernommen und ist dort allseits geschätzter Kollege und Mitarbeiter.
Dabei war der Start alles andere als einfach. In der Schule hatte Hazar Yilmaz aufgrund einer kognitiven Beeinträchtigung Schwierigkeiten. Der Schritt ins Arbeitsleben gelang mit der passenden Förderung – und indem viele Beteiligte an einem Strang zogen. Im Rahmen der „Kooperativen Beruflichen Bildung und Vorbereitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt“ (KoBV) wurde ein 2019 begonnenes Praktikum bei Schmidt Technoplast fortgeführt. Fachliche Unterstützung kam von Johannes-Diakonie, Integrationsfachdienst (IFD) Heidelberg-Mosbach und der Agentur für Arbeit, die die Finanzierung der Maßnahme sicherte und mit zielführender Beratung maßgeblich zum Erfolg beitrug. Gemeinsam wurde Yilmaz` Arbeitsplatz optimiert und die nötigen Freiräume geschaffen, damit der 22-Jährige nach und nach seine Leistung verbessern und Kontakt zu seinen Kollegen aufbauen konnte. „Und dann habe ich schnell gemerkt: Das ist mein Betrieb. Hier will ich bleiben“, erzählt Yilmaz.
Das Ergebnis begeistert Jens Bernhard, Jobcoach der Johannes-Diakonie: „Es ist unglaublich, welche Fortschritte Hazar gemacht hat.“ Seine anfängliche Verschlossenheit sei der Freude an der Arbeit im Team gewichen. „Er hat viele Fortschritte gemacht im Umgang mit Menschen“, bestätigt auch seine Mutter Sultan Yilmaz, die ebenfalls bei Schmidt Technoplast arbeitet. So souverän und selbstsicher wie im Betrieb helfe er zu Hause im Haushalt, wo er zum Spezialisten für Nudelgerichte geworden ist. Die Familie – für Yilmaz ein wichtiger Rückhalt für das Arbeitsleben.
Doch die erfolgreiche Landung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt war nur möglich, weil sich Betrieb und Belegschaft offen für einen Menschen mit Unterstützungsbedarf zeigten und sein Ankommen tatkräftig unterstützten. Davon sind Jens Bernhard, Andrea Hertlein (Agentur für Arbeit) sowie Ute Winterbauer (IFD) überzeugt. Daher wurde die Firma Schmidt Technoplast jetzt mit dem Zertifikat „Chance Beruf“ ausgezeichnet, mit dem Arbeitsagentur und Johannes-Diakonie besondere Leistungen bei der Integration von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt würdigen.
„Hier wurden alle Kriterien des Zertifikats voll erfüllt“, erklärt Jens Bernhard. Bei Yilmaz` Einarbeitung zeigten Unternehmer Holger Farrenkopf und sein Team die nötige Flexibilität. Eine Mitarbeitende wurde Yilmaz als Patin zur Seite gestellt und hatte stets ein offenes Ohr bei Problemen. Er trug die gleiche Arbeitskleidung wie die anderen Angestellten. Farrenkopf stellt klar, dass der Erfolg nur durch die engmaschige und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Ute Winterbauer und Jens Bernhard möglich wurde. Es sei für ihn selbstverständlich, die Integration von Menschen mit Behinderung ins Arbeitsleben zu ermöglichen: „Ich habe als Unternehmer eine gesellschaftliche Verantwortung, der ich mich nicht entziehen möchte“, erklärt er bestimmt. „Und wenn ich die Chance habe, jemandem einen Weg auf den Arbeitsmarkt zu öffnen, dann mache ich das.“